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Mixed feelings

Gemischte (Frühlings)gefühle inmitten der Kirschblüten

In der letzten Zeit ist Vieles passiert. Vor allem bin ich im April eine depressive Phase durchlaufen, von der ich echt so langsam die Schnauze voll habe. Einer emotionalen Hürde folgte die nächste und nun, da der Mai angebrochen ist, habe ich einfach keine Lust mehr auf diese ganzen Spirenzchen. Dennoch habe ich einige Dinge realisieren können:

  1. Es ist egal, wo auf der Welt man sich aufhält, Probleme hat man überall. Früher oder später holt einen die Vergangenheit, der Alltag oder die eigenen Schwächen ein und man hat keine andere Wahl, als sich dem zu stellen.
  2. Es ist egal, was für Probleme ich mit mir trage und trotz allem, was passiert ist, möchte ich nicht zurück nach Deutschland. Punkt 1 und 2 sind dahingehend unmittelbar miteinander verbunden. Auch die schweren Zeiten möchte ich nicht missen.
  3. Mein Herz hat seinen Platz gefunden.
  4. Alleine sein ohne sich einsam zu fühlen ist eine Kunst.

Die Kirschblüten in Hirosaki - dem schönsten Ort für Hanami in ganz Japan

Am Samstag, den 29.04., habe ich mich zu einem ALT-Event in Hirosaki selbst eingeladen. Hanami (花見) bedeutet wörtlich übersetzt "Blüten schauen", aber bis auf den Fakt, dass man zwischen den Kirschblüten sitzt, hat es mit "schauen" an sich nicht viel zutun. Die Kultur des Hanami ist es, sich mit Freunden oder Familie (oder beidem) inmitten der Kirschblüten niederzulassen und zu trinken. Man unterhält sich, die Kinder spielen, man lacht und trinkt. Da ich dies auch gerne gemeinsam mit anderen erleben wollte, lud ich mich selbst zu dem ALT-Event ein. (Anmerkung: Die ALTs sind übers Land verteilte Muttersprachler Englisch, die an verschiedenen Schulen unterrichten. In der Regel sind es Amerikaner, in Aomori gibt es sonst noch eine Kanadierin und einen Engländer.


Im Originalbeitrag befanden sich hier eine Reihe an extrem dunklen Kirschblütenbildern, die ich nicht alle screenshotten wollte.


Die Kirschblüte in Aomori

Am darauffolgenden Tag habe ich mich auf der Rückreise von Hirosaki nach Aomori kurzerhand entschieden, einen Kurzausflug in den Gappo Park zu machen. Ich hatte zuvor gehört, dass es auch dort Kirschblüten zu sehen gibt, und ich wurde nicht enttäuscht.

Es war schön, die Kirschblüten zu sehen, aber ich fühlte mich zwischen all den Menschen um mich herum furchtbar einsam. Von allen Seiten wird man angestarrt, nicht nur weil man ein Ausländer ist, sondern weil man ein Ausländer ohne Freunde ist. Das sticht besonders, aber ich habe mich dem Gefühl bis zum Sonnenuntergang hingegeben und ich denke, dass es eine gute Schule ist.

 

Während ich so auf einer Bank saß, habe ich einer Gruppe gut angetrunkenen Japanern beim Karaoke zugehört und mich prächtig amüsiert. Ohne ihr Wissen habe ich meine Kamera angeschaltet und damit den für mich schönsten Moment des Tages auf Video festhalten können. Die Reaktionen waren komplett natürlich und an mich gerichtet. So ist das Leben als Ausländer in einer ländlichen Gegend in Japan.


Im Originalbeitrag befand sich an dieser Stelle besagtes Video. Mittlerweile finde ich es nicht mehr angebracht, so etwas einfach online zu posten, ohne die gefilmten Personen vorher zu fragen (auch wenn der Datenschutz in Japan nicht so streng ist wie in Deutschland). Ich bitte um Verständnis.


Jetzt, etwa eine Woche später, sind bereits fast alle Kirschblüten wieder vom Winde verweht worden. Ich bin noch ein weiteres Mal nach Hirosaki gefahren und auch wenn es schön war, durch den Park zu spazieren und die Spätblüher zu bewundern, so ist das Gefühl doch ein anderes. Wie sehr wünsche ich mir, dass dies nicht mein letztes Mal Kirschblüten in Japan gewesen ist.

 

Zur Zeit der Kirschblüten gingen mir viele, hunderttausende Gedanken durch den Kopf. Es wird immer schwerer, jeden Tag in vollen Zügen zu genießen, da ich spüre, wie sehr die Zeit an mir vorbeirennt.

 

Ich will nicht nachhause.

 

 

Jya matane,
Eure Eva


- Keine originalen Kommentare unter dem Originalbeitrag -



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