· 

Hochsensibilität im Nebenjob und die damit einhergehende Frustration

Vor Kurzem habe ich, nach einigen Jahren Pause, mich nach einem Nebenjob umgesehen, da ich mich neben dem Wunsch "einen Job zu haben" logischerweise auch danach sehnte, ein wenig Nebeneinkommen zu haben, welches ich zu meiner freien Verfügung verwenden kann.

Ich wusste dass, egal was ich machen würde, ich mit Sicherheit an einem bestimmten Punkt anecken würde. Mir war ebenfalls bewusst, dass ich meine Hochsensibilität vermutlich nicht auf Dauer unter Verschluss halten könne.

 

Um diesen Dingen entgegenzuwirken, habe ich von Vorneherein beschlossen, nicht allzu viele Stunden am Stück zu arbeiten, damit ich mich nach so langer Zeit nicht direkt überfordere. Nachdem ich etwas gesucht und meine Bewerbung an einen Conbini geschickt habe, habe ich relativ schnell eine Rückmeldung von dort bekommen und durfte zu einem Vorstellungsgespräch kommen.

 

Alles schien sehr passend - denn auch der Arbeitgeber meinte, er könne mir momentan eh nur relativ kurze Zeiten anbieten, in denen ich arbeite. Genauso war ich also froh, dass wir uns einigen konnten. Es dauerte etwa eine Woche, bis ich einen Anruf von ihm bekam, in dem er mir mitteilte, dass er mich zukünftig gerne montags, dienstags und freitags jeweils 4 Stunden am Nachmittag einteilen wolle. Da ich dies als genau richtig empfand, stimmte ich zu und ich begann Mitte Februar meine erste Schicht an einem Dienstag.

 

Darauf folgte noch eine weitere Schicht an einem Freitag und dann bekam ich Covid. Zuvor jedoch bemerkte ich, dass die Kollegin am Dienstag nur schwer zu lesen war, während der Kollege am Freitag fast nach einem potentiellen Freund aussah. Ich vermutete, dass diese beiden auch miteinander befreundet seien, also dachte ich, dass ich mit der Kollegin genauso herumalbern könnte wie mit dem Kollegen. Oh, was habe ich mich getäuscht.

 

Durch Covid habe ich also insgesamt sechs Arbeitstage und damit natürlich auch das zusammenhängende Gehalt verloren. Okay, dachte ich, nicht zu ändern, aber zukünftig steht meiner regulären Einnahme ja nichts im Wege. Solange ich den Job einigermaßen gut mache, sollte ich ja klarkommen und wer weiß, vielleicht erhöhe ich die Anzahl meiner Stunden irgendwann. Dachte ich.

 

Ich komme also zurück nachdem ich Covid hatte und meine erste Schicht ist an einem Freitag, mit dem Kollegen, mit dem ich mich gut verstehe. Es hat Spaß gemacht, mit ihm zusammenzuarbeiten, aber ich muss gestehen, dass die entspannte Atmosphäre mich dazu verleitet hat, es ein wenig zu sehr auf die leichte Schulter zu nehmen. Trotzdem hatte ich den Eindruck, wir kämen gut miteinander klar.

 

Dann kamen Montag und Dienstag, an denen ich mit meiner anderen Kollegin eingeteilt wurde. Am Montag zeigte sie mir, wie man richtig putzt und erklärte mir das Toilettenputzen. Die ganze Zeit stand sie daneben und machte den Anschein, extrem angeekelt zu sein. Ich kann natürlich verstehen, wenn jemand Putzen als unangenehm empfindet, aber es gehört eben auch zur Arbeit dazu.

 

Am nächsten Tag, den Dienstag, war der Chef vom Laden die ersten zwei Stunden meiner Schicht anwesend. Sie fragte ihn, was ich machen solle und kam dann zu mir mit den Worten: "Er sagt, du sollst putzen." Sowohl ihre Reaktion vom Vortag gepaart mit dem Fakt, dass in den Schichten, in denen ich mit ihr bisher gearbeitet habe, ich sie noch nicht einmal habe putzen sehen, bekam ich Sorge, dass sie der Typ Kollege ist, der die unangenehme Arbeit immer auf andere abwälzt. Also antwortete ich mit den Worten, halb im Scherz: "Gestern habe ich allerdings auch schon geputzt, ne? ;)", für die Zukunft ausdrücklich machen wollend, dass so etwas normalerweise etwas ist, was in Rotation gemacht wird. Nachdem ich dann mit dem Putzen fertig war, habe ich sie eben auch nochmal darauf angesprochen und nachgefragt, wie das denn in der Zukunft aussehen wird, wenn wir montags und dienstags zusammen arbeiten, wer an welchem Tag putzt, um sicherzugehen, dass dann nicht immer nur das Putzen auf mich abgewälzt wird, weil sie es vielleicht nicht machen will. Obendrein kommt noch hinzu, dass ich ja noch immer Anfängerin bin und die Zeit, in der sie beispielsweise an jenem Dienstag hätte putzen können, dazu genutzt werden hätte können, mir etwas anderes zu zeigen, was noch gelernt werden muss.

 

Ich bin halt auch einfach Deutsche, und viele von uns Deutschen haben nun mal häufig die Angewohnheit, erst mal zu meckern, bevor wir etwas machen. In Japan wird bei jeder Art von Aufgabe ohne Widerworte das Annehmen erwartet. Da ich mich mit dem anderen Kollegen so wohl gefühlt habe und den Eindruck hatte, ich könnte mit ihr ebenfalls so reden, habe ich mich ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt. Hätte ich gewusst, dass sie direkt zum Chef rennt und verlangt, dass wir nicht mehr miteinander arbeiten, was dann bedeutet, dass ich meine Schichten los bin, weil er mich nirgendwo anders einteilen kann, hätte ich natürlich meine Klappe gehalten.

 

Mal ganz davon abgesehen, dass ausgerechnet jene Kollegin mir solche Dinge gesagt hat wie "eigentlich sind hier alle voll nett" und "es ist hier alles nicht so streng". Ist doch beinahe albern, dass genau die, die behauptet, es sei nicht so streng, selbst so streng reagiert, dass sie von einem einzigen Satz von mir direkt denkt, wir könnten nicht zusammen arbeiten. Sind wir hier im Kindergarten oder was?

 

An meinem freien Donnerstag nach diesen zwei Schichten bekam ich plötzlich einen Anruf vom Chef. Er erklärte mir, dass die Kollegin meinte, sie könne nicht mit mir arbeiten und er mich deshalb nur noch freitags einteilen kann. Ich war total verwirrt und perplex und fragte ihn, was er meint. Er widerholte dasselbe nochmal und ich war immer noch verwirrt, woraufhin ich ihn fragte, wie das jetzt gehandhabt wird. Ob wir am Freitag im Dreiergespräch darüber sprechen oder ob nur er mit mir im Einzelgespräch darüber spricht. Er antwortete mir, dass er mich montags und dienstags nicht mehr einteilen kann, aber auch keine anderen Schichten zum Ausweichen hätte. Ich, die (logischerweise, oder?!) mit dem in Zukunft auf mein Konto eingehenden Einnahmen gerechnet hat und obendrein nicht mal diejenige war, die ein Problem hat, soll dann plötzlich diejenige sein, der die Arbeit weggenommen wird, obwohl ich nicht mal irgendwas gemacht habe? Ohne mich erstmal zu verwarnen und mir noch eine Chance zu geben? Also sorry, aber was ist denn das für ne Kollegin, die denkt, sie hat da das Sagen? Ich finde, dass der Chef sich dahingehend auch schlecht verhalten hat, weil er eigentlich zwischen den zwei Parteien verhandeln müsste. Wenn er zwei Schichten hätte, die er mir stattdessen anbieten könnte, wäre es ja okay, aber mich einzustellen und mir drei Mal die Woche zu versprechen, nur um es mir dann direkt wieder wegzunehmen, nachdem ich gerade einmal insgesamt 5 Tage gearbeitet habe und davon auch nur 3 mit ihr? Kann ja nicht sein, dass eine Anschuldigung von einer Kollegin ausreicht, um einer anderen Person den Job wegzunehmen. Da merkt man, dass der Chef noch nicht besonders viel Erfahrung hat (er ist höchstens Mitte 30).

 

Er erklärte mir, dass es manchmal eben zwischen Menschen einfach nicht passt. Ich sagte ihm, dass ich es überhaupt nicht so empfunden habe und nicht mal weiß, warum. Und dass es für mich eben auch nicht in Ordnung ist, so plötzlich diese zwei Schichten entrissen zu bekommen. Wenn man mir sagt, was ich falsch gemacht habe, damit ich es in Zukunft unterlassen kann, dann kann man mir doch wohl noch eine Chance geben? Woraufhin er mir zustimmte und mir das mit dem albernen Kommentar über das Putzen erzählte. DAS?! WTF?! dachte ich still bei mir, während ich ihm erklärte, dass ich das lediglich im Spaß gesagt hätte und mich dafür entschuldige, dass es offenbar anders aufgenommen wurde. Er willigte ein, mich zunächst für die kommende Woche einzuteilen. Aber ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht viel Hoffnung habe, den Job behalten  zu können. Im Endeffekt scheint es ja keine Rolle zu spielen, wie ich mich verhalte, wenn sie mit einem einzigen Kommentar von mir direkt zum Chef rennt und er mir direkt meine Schichten wegnehmen kann, dann weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie die kommende Woche Montag und Dienstag aussehen soll.

 

Dass sie vor allem nicht mal für zwei Tage die Woche jeweils vier Stunden die Zähne zusammenbeißen kann finde ich allerdings fast bemerkenswert. Meine letzte Arbeitserfahrung war unter Terror von der Frau vom Chef und davor in Aomori mit meinem Einsatzstellenleiter, und davor die extreme Situation unter der ich im Hyänenkäfig in der Versandapotheke gelitten habe. All das weiß die Kollegin hier natürlich nicht, aber dass sie nach gerade 3 Mal zusammen arbeiten, aka gerade einmal 12 Stunden, direkt so tut, als würde sie absolut nicht mit mir zusammen arbeiten können, obwohl ich ihr überhaupt nichts getan habe, zeigt mir nur, dass sie offensichtlich sehr viel weniger Lebens- und Arbeitserfahrung hat. Ich habe in all diesen Jobs mindestens 6 Monate durchgehalten, bevor ich eine Entscheidung getroffen habe. Im Hyänenkäfig sowie in Aomori war es bis zum Ende durchhalten, da ich das Licht am Ende des Tunnels gesehen habe. Auf meiner letzten Arbeitsstelle habe ich vielleicht ein bisschen zu lang gewartet, aber ich wollte der ganzen Situation Zeit geben, um wirklich zu sehen, wie es sich entwickelt. Daher kann ich es nicht fassen, dass jemand nach gerade mal drei Mal zusammen arbeiten direkt sagt "nuh uh, mit der geht gar nicht". Das weiß man doch nach so kurzer Zeit noch gar nicht?

 

Ich persönlich glaube ehrlich gesagt, dass es eher daran lag, dass sie mich einfach bei meinem Vornamen genannt hat, ohne mich zu fragen. Mein anderer Kollege hat das ebenfalls gemacht, aber er hat mich sowohl bei Vor- und Nachnamen genannt, also immer durcheinander. Wir haben darüber gesprochen und gemeinsam darüber gelacht, woraufhin ich ihm das Okay gegeben habe, mich beim Vornamen zu nennen. Als ich ihn gefragt habe, ob ich ihn beim Vornamen nennen soll, war er nur peinlich berührt und meinte "Nachname ist besser". Ach nee, aber mit der Ausländerin kann man's ja machen...?!

Anyways, bei ihm war es für mich okay, aber als sie dann am Montag zu mir kam und zu mir sagte "Dein Nachname dauert so lange auszusprechen, also nenn ich dich Eva", was also nicht mal eine Frage, sondern einfach ein Entschluss ihrerseits war, war mir äußerst unangenehm. Ich wusste nicht so richtig, wie ich die Situation auf freundliche Weise lösen sollte, weil es als sehr unhöflich gesehen wird, jemandem das Recht wieder wegzunehmen, dich beim Vornamen zu nennen. Aber ich habe ihr das Okay nicht mal gegeben, sie hat es sich einfach genommen! Alle anderen Kollegen beim Nachnamen anzusprechen und nur bei den Ausländern den Vornamen zu verwenden ist, wie man's dreht und wendet, eine Form der Diskriminierung. Ich kann es nachvollziehen, wenn ich einen ebenfalls ausländischen Nachnamen hätte, der schwer auszusprechen wäre. Es wäre auch in Ordnung, solange wir das Okay geben. Aber auf meinem Namensschild steht mein japanischer Nachname, der für meine japanischen Kollegen daher deutlich machen sollte, dass ich mit Nachnamen angesprochen werden möchte, wie alle anderen auch. Du kannst mir nicht erzählen, dass mein - für dich natürlicher - japanischer Nachname "schwerer auszusprechen" ist als mein - für dich fremder - ausländischer Vorname.

Da sie mich aber nicht gefragt, sondern einfach ohne mein Einverständnis eine Entscheidung getroffen hat, habe ich es zunächst so hingenommen. Äußerst unangenehm war es mir aber trotzdem. Danach hörte ich, wie sie mit einer anderen Kollegin, die an dem Tag ebenfalls eingeteilt war, über mich sprach und dabei meinen Vornamen verwendete. Dies war mir nun extrem unangenehm, weshalb ich mich in das Gespräch einband um ihr mitzuteilen, dass es für mich okay ist, wenn sie im Gespräch mit mir meinen Vornamen verwendet, wenn das für sie "leichter" ist, aber dass sie im Gespräch mit anderen über mich bitte meinen Nachnamen verwenden soll. Wenn sie bei allen meinen Vornamen benutzt, dann sprechen mich nachher alle mit Vornamen an, auch die, die ich nicht kenne, und mir ist das unangenehm. Ich erklärte ihr, dass ich nun schon eine gute Weile am Stück hier lebe und mich daran gewöhnt habe und es deshalb als unhöflich empfinde, wenn Leute, die ich noch nie gesehen habe, mich plötzlich beim Vornamen ansprechen. Das macht man hier halt einfach nicht. 

 

Nachdem ich ihr das erklärt habe, machte sie den Anschein, es zu verstehen. Nach dem heutigen Anruf vom Chef weiß ich jedoch, dass das lediglich eine aufgesetzte Reaktion war und sie definitiv angepisst davon war. In der Situation selbst habe ich es daran gemerkt, dass sie daraufhin sich das selbst gegebene Recht, mich beim Vornamen zu nennen, ebenfalls selbst wieder entzogen hat. Ich versicherte ihr, dass es okay ist, wenn sie mich beim Vornamen nennt, solange sie den Nachnamen im Gespräch mit anderen benutzt, aber sie bestand dann darauf, mich ebenfalls beim Nachnamen zu nennen, "noch" (ihre Worte), also bis wir "enger" sind. Und dann rennt sie zum Chef und sagt "mit der will ich nicht arbeiten"... Lol.

 

Ich glaube also, dass das mit dem Putzen nur ein Vorwand war, aber egal wie man es dreht und wendet, es kann nicht sein, dass man in einer Konfliktsituation sich nur eine Seite anhört und die andere leiden muss, obwohl diese gar nichts dafür kann. Es kann auch nicht sein, dass man als Chef nicht sagt "gib dem mal noch ein bisschen Zeit, die ist ja noch am Lernen, ich verwarne sie erstmal und dann schauen wir, ob sie sich bessert". Ich bin froh, dass der Chef sich wenigstens dahingehend von mir hat überzeugen lassen, sodass ich wenigstens in der nächsten Woche noch einmal diese zwei Schichten arbeiten kann. Allerdings weiß ich nicht, wie ich mich der Kollegin gegenüber verhalten soll. Sollte ich sie auf die Situation ansprechen? Sollte ich ihr erklären, dass es nur ein dummer Scherz war und ich darauf achte, solche Scherze in Zukunft nicht mehr zu machen? Sollte ich ihr klarmachen, dass ihre Unfähigkeit, mal für zwei Tage lang vier Stunden die Zähne zusammenzubeißen, die Folge hat, dass ich dadurch zwei Drittel meines Einkommens verliere? Oder sollte ich alles einfach ignorieren und so tun als wäre es nie gewesen? (<- Nicht gerade meine Stärke.) Ich weiß wirklich nicht, wie ich mit ihr umgehen soll. Zumal sie so gut darin ist, ein Gesicht aufzusetzen, dass ich niemals gedacht hätte, dass sie mich so scheiße findet.

 

Besonders reingehauen hat es allerdings direkt nach dem Anruf. Nachdem ich zwei Jahre lang nicht gearbeitet habe, war dies ein großer Schritt für mich und es hat mich sehr viel Überwindung gekostet. Jede meiner bisherigen Arbeitserfahrungen waren von Negativität geprägt und ich war so glücklich, eine Arbeitsstelle gefunden zu haben, bei der alles so gut gepasst hat. Klar, die Bezahlung ist beschissen, aber ansonsten war es super - 3 Mal für 4 Stunden die Woche, damit ich mich erstmal wieder in der Arbeitswelt etwas zurechtfinden kann. Ein Job, der nicht allzu anspruchsvoll ist, aber gleichzeitig auch nicht anspruchslos. Die Kollegen sind freundlich, oder machten zumindest den Anschein. Ich will doch einfach nur arbeiten und dafür wurde ich doch auch eingestellt? Nicht, um die neue beste Fußabtreter-Freundin für die andere Kollegin zu sein...

 

Und dann kommt aus dem Nichts wieder so ein Schlag in die Fresse und streut natürlich Salz in alte Wunden, die wahnsinnig tief gehen. Dass Leute mich oft falsch verstehen und deshalb schnell beschließen, dass sie mich nicht leiden können, ist keine neue Situation für mich, und leider passiert das auch meistens mit Frauen. Das Problem dabei ist meine Hochsensibilität, denn mich trifft das direkt einfach wieder da wo es am Meisten wehtut. Ich weiß, dass mich nicht jeder mögen kann, ich mag auch nicht jeden. Aber trotzdem kann ich mit Leuten, die ich nicht mag, respektvoll umgehen. Und ich kann auch mal die Zähne zusammenbeißen und mit jemandem arbeiten, den ich nicht besonders mag. Aber ich kann nicht verstehen, dass die Person auf der anderen Seite nicht einmal versucht, zu verstehen, warum ich etwas vielleicht gesagt habe, oder mich darauf anzusprechen, um es herauszufinden, bevor sie mich verurteilt. Es war extrem schmerzhaft und sehr frustrierend, heute AN MEINEM FREIEN TAG AN DEM ICH EIGENTLICH AUSRUHEN SOLLTE mit dieser emotionalen Peitsche konfrontiert worden zu sein. Und auch nach einem Notfallanruf bei meiner Therapeutin, was ich bisher noch nie gemacht habe, fühlte ich mich danach zwar etwas ruhiger, aber auch nicht schlauer. Jetzt hat die Kollegin ja Krieg angefangen und ich werde irgendwie darauf reagieren, aber ich weiß einfach nicht, wie. Ich hoffe, dass ich nicht zum kleinen Kind werde, wenn ich das nächste mal vor ihr stehe.

 

Ich war auf diese Situation nicht vorbereitet, denn ich hätte mir niemals denken lassen können, dass ein einziges Wort von einer Kollegin direkt dazu führt, dass ich zwei Drittel meiner Schichten verliere. Ich glaube auch, dass es notwendig ist, da nochmal mit meinem Chef drüber zu reden. Es sind auch mir ein paar Dinge an meiner Kollegin aufgefallen (z.B. das mit dem zuvor Erwähnten, dass ich den Eindruck habe, sie sei der Typ, der unangenehme Aufgaben abwälzt, aber auch dass sie auch in unangebrachten Situationen immer auf jeden Fall ihre Kippe rauchen geht und dass sie sich auch beim Erklären von Dingen nicht besonders Mühe gibt), aber im Gegensatz zu ihr wollte ich erst einmal warten und mir anschauen, wie sich diese Dinge über die Zeit äußern und welche davon nur vorschnelle Urteile sind. Da sie mir jetzt jedoch zuvor gekommen ist und ratzfatz beim Chef nörgelt, bin ich in der Verliererposition - der Chef hat mir eben auch ganz klar gesagt, dass auch wenn sie diejenige mit dem Problem ist, ich die Unerfahrenere von beiden bin und er deshalb auf mich verzichten kann. In Ordnung ist das trotzdem nicht.

 

Meine letzte Keule ist der Anwaltsmann. Aber die möchte ich eigentlich ungern schwingen - ich hasse Streit und mich immer auf meinen Mann zu verlassen, dass er "mich retten" kommt, ist auch keine Art, wie ich mein Leben leben möchte.

 

Es ist so frustrierend und sollte eigentlich nicht meinen ganzen Tag einnehmen. Aber was hatte ich für eine Wahl? Ich bin nun einmal hochsensibel und wenn man mich mit sowas am frühen Morgen bombardiert, dann ist es fast unmöglich für mich, mich davon zu erholen und es einfach "gehen zu lassen". Ich wünschte, ich könnte mich einfach mal irgendwo in Sicherheit wiegen.

 

Die Welt mit ihren Menschen ist einfach so ungerecht und frustrierend. Kein Wunder, dass keiner in meiner Generation noch unter Direktion arbeiten will.

 

Kann ich wirklich nicht mit anderen Menschen arbeiten? Ich habe nicht mal im Entferntesten geahnt, dass ich irgendetwas so falsch gemacht hätte, dass ich nicht mehr arbeiten kommen dürfe, dass mich diese ganze Situation so wahnsinnig überfordert. Ich verstehe nicht, wie das so holprig sein konnte. Warum werde ich so häufig dafür verantwortlich gemacht, wie etwas bei anderen ankommt und dann dafür verurteilt und ausgeschimpft?

 

Ich weiß echt nicht, wie ich als Teil einer solchen Gesellschaft funktionieren soll. Warum ist die Welt so wie sie ist.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0