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"sa-katsu"

Heute möchte ich mal über etwas Belangloses schreiben. Belanglos dahingehend, dass es weder dich, liebe/r Leser/in, noch mich wirklich im Direkten betrifft. Dennoch komme ich nicht umhin, mich etwas zu echauffieren und meiner Unzufriedenheit auf meinem Blog einen Raum zu geben.

 

Es begann mit einer neuen Serie im japanischen Fernsehen sowie auf Streaming-Dienst Netflix, die die japanische Bevölkerung im Sturm erobert hat. Häufiger ist es in Japan der Fall, dass irgendein "Boom" einen Großteil der Bevölkerung für eine Weile in seinen Bann zieht. Im Regelfall ist dieser Boom dann auch so schnell wieder vorbei, wie er gekommen ist. Und normalerweise kümmere ich mich nicht darum, doch dieses Mal sind mein Partner und ich direkt betroffen.

 

Seit ich denken kann, gehe ich in die Sauna. Richtig lieben gelernt habe ich es natürlich erst als Erwachsene, doch meine Mutter hat mich schon als kleines Kind mit in die Sauna mitgenommen. Ich erinnere mich daran, wie ich alle Handtücher, die ich dabei hatte, benutzt habe, um auf der untersten Stufe bei einem Aufguss komplett abgedeckt bis zum Ende durchzuhalten. Habe ich bis zum Ende durchgehalten? Daran erinnere ich mich nicht.

 

Als Erwachsene sitze ich nun auf der obersten Stufe und die Aufgüsse sind mir die liebsten Saunagänge. Ein gut gemachter Aufguss bringt den Körper ins Heilfieber und sorgt für Entspannung von Grund auf. Es ist außerdem ein schönes Erlebnis, inmitten anderer Leute, gemeinsam durch die Hitze durchzugehen. Ich glaube, meine Mutter hat mir ein gutes Stück ihrer hohen Hitzetoleranz mitgegeben, denn auch ich halte nun sehr heiße Aufgüsse meistens bis zum Ende durch.

 

In Japan habe ich mich daran gewöhnt, dass Saunen eher ein Gimmick sind - ein heißer Raum, der zusätzlich in Onsen-Spas existiert. Manche Onsen-Spas haben bessere Saunen, manche haben so gut sie können etwas "saunaähnliches" zusammengebastelt. Es erfüllt seinen Zweck - in seltenen Fällen bieten manche Saunen sogar einen Spezial-Aufguss an, welcher von meist jungen Personen durchgeführt wird. Nicht so wie in Deutschland natürlich - sowie höchstens ein oder zwei Mal die Woche, wenn überhaupt so oft. Bisher hatte ich Glück und habe zwei Mal richtig schöne Aufgüsse miterleben dürfen, welche ganz spontan passierten als ich gerade Besucher in einem Etablissement war. Ansonsten erinnere ich mich an die Aufgüsse in einer kleinen Sauna in einem Onsen in Saitama, als mein Mann noch dort wohnte und ich ihn am Wochenende besuchte. Dort habe ich eine Form von Aufgüssen erlebt, die sehr an das Original herankamen - während des Aufgusses kein Reinkommen erlaubt, durchgeführt von zwei Power-Frauen, mehrmals am Tag. Das war aber wortwörtlich der einzige Ort, an dem ich dies erlebt habe... und an das, was ich aus Deutschland gewöhnt bin, kam es auch trotzdem nicht wirklich heran.

 

Dennoch würde ich Onsen der Sauna in Deutschland immer vorziehen und das aus einem einfachen Grund: Geld. Die meisten Onsen-Spas in Japan haben einen einmaligen Eintrittspreis, der je nach Angebot des jeweiligen Etablissements schwanken kann. In der Regel bezahlt man jedoch etwas zwischen 4,50€ und 10€ und kann dann den ganzen Tag in jenem Onsen verbringen. Für 5€ mehr kann man außerdem noch Zugang zu allen restlichen Räumen des Gebäudes dazu buchen - für diesen Preis unschlagbar. Wo ich mir denke, dass Saunawelten meistens nach Stunden abrechnen, man sich also nicht in Ruhe Zeit lassen kann, wenn man nicht draufzahlen will - oder man für ein Tagesticket direkt mal so zwischen 30€ und 40€ hinlegen muss. Dann lieber etwas abgespeckt Sauna und dafür zwei Mal die Woche in einen Onsen gehen können.

 

Seit einer Weile beschwert sich mein Mann, dass in den Saunen, deren Onsen-Spas wir frequentieren, vermehrt größere Gruppen von jungen Männern ihr Unwesen treiben. Oft lauthals über unnötigen Schwachsinn kommunizierend sind ebensolche Gruppen logischerweise ein Dorn im Auge derjenigen Besucher, die zur Entspannung in die Sauna gehen. Auch ich habe einige Geschichten zu berichten - ihr könnt euch nicht vorstellen, was für beschissene Manieren viele japanische Frauen in der Sauna an den Tag legen.

 

Plätze reservieren ist ja auch so ein deutsches Ding - und auch in Deutschland finde ich es unmöglich. Vor Aufgüssen kann ich es in gewisser Weise noch nachvollziehen, aber ununterbrochen sein Handtuch oder Schaumstoff-Matte auf einem Platz liegen lassen, sodass niemand anderes sich dort niederlassen kann, bringt immer wieder mein Blut zum kochen. Die meisten Saunen in Japan sind recht kühl, zumindest die der Frauen, und halten eine Temperatur von 80°C. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese "Platzreservierer" eigentlich immer den Platz für sich bestimmen, der am Heißesten ist... Na ja.

Meine allerliebste verhasste Manier jedoch ist die Tür sperrangelweit zu öffnen. Da platze ich mittlerweile echt jedes Mal, wenn das jemand macht. Sie steht dann in der Tür und sagt "die Sauna ist so heiß!", als ob es das irgendwie okay machen würde. Jedes Mal denke ich mir "Wenn dir die Sauna zu heiß ist, dann komm halt nicht rein...", doch wie bereits gesagt, öffne ich mittlerweile auch meinen Mund und bitte darum, die Tür zu schließen. Größter Quatsch überhaupt.

In manchen Saunen habe ich es sogar schon erlebt, dass die Kundinnen irgendetwas in den Türspalt klemmen, damit es kühler ist. Stellt euch sowas mal in Deutschland vor...

 

Zurück zum Thema; mein Mann beschwerte sich also über diese vermehrt auftretenden Gruppen junger Männer, die die Sauna nicht als Ort des Entspannens wahrzunehmen scheinen. Der Grund für diesen Anlauf ist der momentane "Sauna-Boom", auf Japanisch als "Sa-Katsu" (サ活) bezeichnet. "Sa" steht dabei für die erste Silbe im Wort "Sauna" und "Katsu" bedeutet "Leben" oder "Aktivität". Dieses neue Wort plus der überall in Onsen-Spas plakatierte dazu passende neue Drink "Oropo" sind gerade total IN. Oropo ist übrigens nur eine Mischung zwei verschiedener Getränke - Oronamin C, was ein Nahrungsmittelergänzungsgetränk ist, gefüllt mit etlichen Vitaminen und Mineralien, und Pocari Sweat, ein elektrolythaltiges Sportgetränk. Keine Zweifel, dass diese Getränke die durch das Schwitzen in der Sauna verlorenen Mineralien wieder auffüllen - eine Notwendigkeit, diese beiden Getränke zu mischen, besteht jedoch nicht. Pocari Sweat (oder ein anderer Sportdrink) alleine reicht vollkommen aus. Persönlich glaube ich, dass es vor allem darum ging, Oronamin C wieder auf den Markt zu bringen, weil die Beliebtheit des Getränks über die Jahre immer mehr abgenommen hat.

 

Mein Mann und ich sahen also überall diese jungen Männergruppen Oropo trinken, weshalb wir es uns auch einmal bestellten, um den Hype eventuell nachvollziehen zu können. Keine schönen Umschreibungen hier auf meinem Blog: Es sah aus wie Pisse in einem Bierglas und geschmeckt hat es auch nicht besonders. Mit wenig Kohlensäure, da der Sportdrink die Kohlensäure des anderen Getränks ausdünnte, schmeckte es eigentlich nur abgestanden und süß. Wie gesagt - ein Sportdrink alleine ist da wesentlich erfrischender (und billiger).

 

Wir beließen es natürlich nicht dabei, sondern entschlossen uns, der Serie, die für den Boom verantwortlich ist, eine Chance zu geben. Wir beide sind Sauna/Onsen-Fans schlechthin und aus Erfahrung ist es bei uns so, dass wir uns mit der Serie identifizieren können, wenn sie eine Thematik hat, die wir beide sehr mögen. Wir haben beispielsweise "Solitary Gourmet" (auf Japanisch: 孤独のグルメ) als eine unserer absoluten Lieblingsserien bereits mehrmals durchgeschaut und das, obwohl wir bereits wissen, was uns in jeder Folge erwartet. Die Serie ist witzig, macht Spaß und zeigt eine Vielzahl an verschiedenen, köstlich aussehenden Speisen aus allen möglichen Küchen. Eine andere Serie, die wir vor Kurzem entdeckt haben, war so ähnlich, und doch ein bisschen anders.

Wir mögen auch gerne mal gerade populäre Medien. Mein Partner zum Beispiel konnte sich an dem Manga für "Demon Slayer" erfreuen, auch wenn es nicht wirklich mein Cup of Tea war. Zusammen schauen wir jedoch begeistert "Spy Family" und können den Hype um den Anime durchaus nachvollziehen.

Doch die Sauna-Serie ist eine ganz andere Geschichte...

Der dumme Ausländer, das großartige Japan und der Stolz der Landsleute

Ich bin ganz ehrlich - ich werde nicht meine Zeit damit verschwenden, den Titel der Serie hervor zu kramen oder noch einmal die erste Folge anzuschauen, um einen umfangreichen und objektiven Review zu schreiben. Im Grunde genommen liest du dich gerade genau in das Gegenteil ein: Meine ganz subjektive Meinung zu der ersten Episode und wie ich sie wahrgenommen habe.

 

Ich liebe Japan, aber nur weil man etwas liebt, heißt es nicht, dass man es nicht kritisieren darf. Also, let's go.

 

Die Episode beginnt damit, dass ein Mann sich im Off darüber beschwert, dass die Pandemie ja so viele spaßige Dinge unmöglich gemacht hat, er aber Sauna noch immer genießen könne. Kameraszenerie zeigt ihn in einen Spa gehen, in welchem er mit seinen zwei Freunden draußen entspannt. Ein Schnitt zeigt, wie sie alle miteinander reden, und dann wird schnell wieder so geschnitten, dass sie weit entfernt voneinander jeder in ihrer Welt sind. Die Idee dahinter war, deutlich zu machen, dass sie alle gemeinsam und doch im Stillen in ihrer Welt sein können.

 

Dieselbe Stimme des einen Hauptcharakters erklärt, wie sie ja auf Pandemie-Vorschriften achten müssten, erklärt außerdem die "guten Manieren" in Sauna und Onsen, damit es auch der letzte Idiot versteht. Ganz klar; das Medium versucht zu belehren und zu erklären, leider komplett ohne Erfolg, da in der realen Welt genau das Gegenteil eingetreten ist.

 

Ein weißer, schlaksiger Ausländer kommt in den Außenbereich des Onsen und sieht die drei Männer auf ihren Sitzen liegen. Er verzieht sein Gesicht, schüttelt energisch den Kopf und verschwindet schnaufend wieder zurück in den Innenbereich. Absolut unerklärlich warum diese Szene passierte, denn es wird auch später nicht aufgeklärt, warum dieser Mann solch eine seltsame Reaktion hatte.

 

Ein neuer Schnitt passiert und man sieht die drei Freunde nun in Bademäntel eingekleidet in einem Entspannungsbereich mit Tischen sitzen. Sie sitzen aufgeteilt an drei Tischen und unterhalten sich über die Saunen, die sie in letzter Zeit besucht haben. Das Gespräch wird jedoch eingeleitet von dem ganz offensichtlich "dumm lustigen" Charakter, der die Frage in den Raum wirft, was der Ausländer denn vorhin wollte. Die beiden anderen Männer sind genauso verwirrt wie er. Die Konversation geht weiter um den Saunabesuch des Hauptcharakters, welcher in einem ziemlich hochklassigen Onsen-Spa inmitten von Tokyo einen Entspannungstag verbracht hat. Immer wieder werden Szenen gezeigt, wie er sich die verschiedenen Saunen anschaut und im Off plappert seine Stimme beinahe in demselben Stil von "Solitary Gourmet" darüber, was an dieser und jener Sauna denn besonders sei. Das Problem, was ich bereits an dieser Stelle hatte, war, dass es so ein unrealistisches Bild von Sauna/Onsen-Spas zeigte. Nicht alle Onsen-Spas sind von so hochklassiger Qualität wie dieses und der Fakt, dass alle Besucher still und in geringer Anzahl vorhanden waren ist auch so realitätsfern, dass ich nur schnaufen konnte.

 

Noch schlimmer war jedoch der unnötige Schnitt zu diesen drei unliebsamen Charakteren, wie sie sich unterhielten. Der "dumm lustige" Idiot erklärte, dass er aus alten Saunamatten Masken gebastelt hätte, von welchen er auch eine auf dem Gesicht hatte. Nicht nur bescheuert, sondern auch noch eklig - was der "junge Schönling" Charakter dann auch in Worte fasst. Also sorry, aber wer darüber lachen kann, muss schon echt einen extrem stumpfen Humor haben. Und das von jemandem wie mir, die sowohl Baman und Piderman als auch Llamas mit Hüten hardcore gefeiert hat. Bah. Alte, mit Schweiß durchtränkte Saunamatten zu Masken machen, gibt's noch was Ekligeres?

 

Eine Weile geht diese Serie also so hin und her, ich habe bereits das Interesse verloren. Bis plötzlich der schlaksige, weiße Ausländer wieder ins Bild tritt. Im Gegensatz zu den drei zivilisierten japanischen Männern, die ja alle Bademäntel tragen, steht er nur mit einem kleinen Handtuch bedeckt vor ihnen und spricht sie an (eine Maske hat er aber natürlich auf... als ob er sich 'ne Maske aufsetzt, aber keinen Bademantel anzieht?!). Die drei Männer fragen natürlich erst einmal nach, ob er Japanisch spricht, was er mit einem ganz offensichtlich aufgesetzten Akzent bejaht. Er beginnt dann ein Gespräch, in dem es vorwiegend darum geht, dass in der einen Sauna ein Fernseher ist.

 

Und ja, die meisten Saunen in Japan haben vorinstallierte Fernseher. Richtig bekloppt, ich weiß. Man gewöhnt sich dran.

 

Der "dumm lustige" Charakter, welcher natürlich der kleinste von all den drei Männern ist, beginnt, sich verbal auf die Brust zu trommeln und sein Land zu verteidigen. Auf Japanisch fängt er an, mit Worten auf den Ausländer loszugehen, welcher noch nicht deutlich gemacht hat, warum er dies genau anspricht. Der "dumm lustige" Charakter attackiert den Ausländer, bezeichnet ihn als Idioten, "erklärt", dass Japaner in der Sauna eben Baseball oder Sumo schauen wollen und denkt, es wäre angebracht, auf diese Weise seinen "japanischen Stolz" zu verteidigen. Die zwei anderen Freunde versuchen nur halbherzig, ihn im Zaum zu halten.

 

Der weiße Mann beendet dann seinen Satz und sagt wie WAHNSINNIG TOLL alles ist. Der Fernseher in der Sauna, der Fernseher im Warteraum, dass man Manga und so weiter lesen kann. Er benutzt mehrmals das Wort "saikou" (最高), was eine Konnotation von "besser geht's nicht" hat. Das war so ein bisschen der Moment, an dem mir der Faden gerissen ist.

  1. Als Ausländer/in, der/die "nur ein bisschen" Japanisch spricht/versteht (was der ausländische Charakter zuvor selbst gesagt hat), wirst du dich weder für die vielen Fernseher noch für die Manga und Zeitschriften begeistern können. Ganz einfacher Grund: Sowohl Lese- als Sprachverständnis sind noch auf dem Minimum, was bedeutet, dass du höchstwahrscheinlich nicht deine Zeit im Onsen-Spa damit verschwendest, eine halbe Stunde vor einer Seite eines Mangas zu verbringen und die Hälfte der Kanji nicht lesen zu können.
  2. So gut wie jede/r Ausländer/in, der/die mit Sauna ohne Fernseher großgeworden ist, wird diese Art von Sauna bevorzugen. Die Zeit in der Sauna ist als Digital Detox gedacht und um sich so richtig entspannen zu können, muss auch der Kopf mal abgeschaltet werden - was natürlich mit Fernseher nicht gerade möglich ist.
  3. Ich stimme zu, dass japanische Onsen-Spas wirklich toll sind. Ich liebe sie auch - aber nicht aus den Gründen, die der Ausländer da von sich gegeben hat. Und ganz ehrlich - lasst den armen Kerl doch auch einen Bademantel tragen. Es ist sogar viel üblicher in anderen Ländern als in Japan, einen Bademantel zu tragen...!

Ganz am Ende der Episode gab es dann noch eine Szene, die natürlich für Gelächter eingebaut wurde - die drei japanischen Männer finden einen weißen Schlüpfer, der mit dem Namen des Ausländers beschrieben ist.

 

ALS OB DER DUDE SEINEN SCHLÜPFER VERGESSEN WÜRDE, SERIOUSLY WTF.


Was mich am Meisten an dieser Serie abgenervt hat, sind die unterschwelligen Nachrichten, die von ihr transportiert werden. Inwiefern diese beabsichtigt sind oder nicht, kann ich natürlich nicht sagen, aber nachdem ich nun mehrere Tage in meinem Kopf über diese Scheiße nachgedacht habe, finde ich es auch in Ordnung, mir Luft zu machen.

 

Der eine Dude verbringt einen Haufen seiner Zeit damit, ganz deutlich und umfangreich auszulegen, warum Manieren in Sauna und Onsen wichtig sind, aber wenn ein/e Ausländer/in auf dich zukommt und einfach nur ein Gespräch anfängt, dann ist es okay, direkt auf diese Person loszugehen - weil sie dich ja nicht versteht, oder was?

 

Natürlich wurde dies vor allem für einen Lacher eingefügt, da besteht kein Zweifel. Lustig war es aber nicht und ganz ehrlich, wer es amüsant findet, dass jemand mit Aggression auf einen Ausländer losgeht, mit dem möchte ich nicht mal zwangsweise ein Gespräch führen müssen.

 

Als nächstes - die "zivilisierten" Japaner und der "dumme" Ausländer - echt jetzt? Der Ausländer, der in einem Bereich, in dem alle anderen Bademäntel anhaben, nur ein Handtuch trägt und beim nachhause Gehen seinen (mit dem eigenen Namen beschrifteten?!?!) Schlüpfer vergisst... das kann man eigentlich nur als "dumm" interpretieren. Es wird noch verschärft, da in Japan das Schlüpfer-Beschriften in der Regel nur von Vorschulkindern getätigt wird. Man hat hier den Ausländer also nicht nur als Doofus hingestellt, sondern auch noch infantilisiert. Ganz großes Kino.

 

Und dann den Ausländer als Gefäß nutzen, um das japanische Ego zu streicheln. Von sich selbst aus zu behaupten, wie toll Japan ist, würde ja direkt als nicht so cool auffallen und außerdem die zurückhaltende Natur der japanischen Bevölkerung nicht in den Vordergrund stellen. Aber von dem Ausländer - nein, sogar einem Finnländer! - der weiß, wovon er spricht, denn er kommt aus dem Land der Saunen, von dem lassen wir uns das Ego polieren. Ich war ehrlich gesagt so unfassbar angewidert von der Szene, wo er den drei Japanern erklärt, wie unübertrefflich Japan ist. Wieder kein Blatt vor den Mund; für mich fühlte es sich an, als wären die Produzenten der Serie heftig am auf das eigene Land Onanieren. Widerlich.

 

Wie in so vielen Situationen im Medienbereich in Japan kann ich mir vorstellen, dass sie keinen ausländischen Korrespondenten im Team hatten. Als Ausländerin und großer Sauna-Fan hat diese Serie bei mir nur negative Emotionen hervorgerufen, denn sie versucht nicht mal, Ausländer auf eine natürliche Art und Weise zu integrieren. Es ist immer "wir" und "die", aber niemals "uns" in solchen Serien. Das Schlimme daran ist halt leider immer noch die Reichweite und den Einfluss, den ebensolche Medien auf einen Großteil der japanischen Bevölkerung haben.

 

Ich wünschte sie hätten die Thematik der Sauna genutzt, um ein bisschen tiefer zu graben und auch mal Anerkennung zu zollen, wo Anerkennung zu zollen ist. Anstatt die Saunen in Japan als die größte Erfindung und neuen Volksstolz der Japaner zu porträtieren, wäre es doch so viel spannender gewesen, ein bisschen einzutauchen und vorab über den tatsächlichen Ursprung von Saunen etwas zu lernen, bevor man dann in den folgenden Episoden eine Serie kreiert, die sich damit auseinandersetzt, sich anzuschauen, was JapanerInnen aus dem Original Sauna gemacht haben und wie sie es ihr Eigen gemacht haben. Direkt damit anzufangen, dass Sauna eine neue Quelle des "japanischen Stolzes" sei, sich das Ego von einem "Finnländer" streicheln zu lassen, anstatt einfach mal zu akzeptieren, dass nicht alles, was in Japan existiert auch seinen Ursprung hier hat. Die Serie hat in der ersten Episode lediglich etwas erklärt, wo die erste Sauna in Japan entstanden ist - natürlich in Tokyo - und wie sie aussah. Irgendein Dude war im Ausland, fand Sauna toll und hat beschlossen, eine in Japan zu eröffnen. Wuiii. Gibt's da nicht noch ein bisschen mehr zu sagen?

 

Persönlich finde ich, dass es einfach eine verpasste Chance ist und der Fakt, dass diese Serie einen Sauna-Boom ausgelöst hat, ist besorgniserregend. Dass ein Boom entstanden ist, bedeutet ja, dass viele Leute sich diese Serie anschauen und sie gut finden. Ich hoffe ganz ehrlich und aufrichtig, dass der Großteil dieser Fans niemals auf einen Ausländer mit - verbaler oder nonverbaler - Aggression losgehen, nur weil ein Medium ihnen präsentiert hat, dass es quasi okay ist. Noch mehr hoffe ich jedoch, dass ich niemals jemanden direkt kennenlerne, der diese Serie toll findet, denn meiner Meinung nach kann jemand, der weltoffen und empathisch ist, diese Serie nicht gut finden.

 

Ich muss das natürlich nicht auf meinem Blog in Worte fassen, aber abschließend möchte ich noch loswerden, dass ich ganz ehrlich und aufrichtig hoffe, dass JapanerInnen endlich akzeptieren und einsehen, dass AusländerInnen keine dummen Kinder sind, die ihre (beschrifteten!!!!111!!) Schlüpfer vergessen und sich mit einem Bademantel einkleiden können. Die einzige Reichweite, die ich habe, ist die wenigen Freunde in meinem Umfeld auf diese Dinge aufmerksam zu machen und ich hoffe in der Zukunft in einem Japan zu leben, dass bunter ist und mehr Akzeptanz aufzeigt.

Wenn man die Prämisse nicht ändern will...

Ich muss sagen, die Serie ist auch einfach schlecht gemacht. Verglichen mit anderen Serien, die natürlich durch ihren Japan-Ursprung eine sehr eigene Machart und einen sehr eigenen Humor haben, muss man sich zwar in einige zunächst herein finden, bevor man sie richtig genießen kann - viele sehr beliebte Serien sind jedoch auch einfach gut produziert und ich persönlich fühle mich nicht ausgegrenzt, auch wenn ich vielleicht nicht die intentionierte Zielgruppe war. Während ich so genauer darüber nachdenke, sind es vorrangig ein paar Kleinigkeiten, die man ändern könnte, um die Serie etwas weniger scheiße zu machen.

 

Wie wärs zum Beispiel damit, zu erklären, warum der Ausländer bei seiner ersten Einführung das Gesicht verzogen hat? Meiner Meinung nach hätte es schon gereicht, ihm noch ein paar Sekunden mehr Screentime zu geben und zu zeigen, wie er zurück in den Innenbereich geht und sich dort irgendwo hinsetzt. So eine kleine Szene hätte direkt erklärt, warum er das Gesicht verzogen hat - nämlich da er draußen nicht den Eindruck hatte, sich hinsetzen zu können, weil diese drei japanischen Männer in großem Abstand zueinander den kompletten Außenbereich für sich beansprucht haben. Man kann die drei japanischen Charaktere ja im Unwissen lassen, aber der Zuschauer muss ja nicht denselben Wissenstand wie die Charaktere haben. Im Gegenteil - seltene Gelegenheit, mal einen Ausländer zu beobachten ohne sich deswegen schlecht zu fühlen, und im selben Atemzug vielleicht auch noch ein bisschen Verständnis für diese Person aufbringen zu können.

 

In der folgenden Begegnung mit demselben Ausländer wäre es schön gewesen, ihn einfach ganz normal Japanisch sprechen zu lassen - ich bin mir zu 90% sicher, dass der Schauspieler die Sprache beherrscht. Vor allem, weil die drei Männer in einer Szene davor noch darüber sprachen, dass ja momentan alle in Japan anwesenden Ausländer keine Touristen sind, sondern Leute, die hier über einen längeren Zeitraum bleiben (mal wieder ganz nett außen vor gelassen all diejenigen Ausländer, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben, aber okay). Deswegen wäre es doch auch in Ordnung gewesen, wenn dieser Ausländer einfach in fließendem Japanisch mit ihnen geredet hätte? Von mir aus auch den "dumm lustigen" Charakter auf ihn losgehen lassen, doch dann anstatt dass er einfach gar nichts dazu sagt und die Aggression komplett ignoriert, wäre es doch okay gewesen, den Ausländer darauf reagieren zu lassen. "Nein, warte, so habe ich es nicht gemeint!", hätte er doch sagen können, um den kleinen knallenden Silvesterböller in seiner Aggression zu löschen. Er hätte ja auch weiterhin sagen können, wie toll er Sauna/Onsen findet, aber aus anderen Gründen als die genannten. Wie ich bereits erwähnt habe, sind für den Großteil der AusländerInnen mit Sicherheit weniger die Fernseher und die Manga die Gründe dafür, dass man seine Zeit dort genießt. Die heißen Quellen in Verbindung mit den Saunen und was sie in Japan daraus gemacht haben! Die große Anzahl an Entspannungsmöglichkeiten! Der Fakt, dass überall Trinkwasser kostenfrei zur Verfügung gestellt wird! Und für die eine oder andere Person wird bestimmt auch die Geschlechtertrennung ein Plus sein... Es hätte so viele Gründe gegeben, die die Produzenten mithilfe eines tatsächlichen ausländischen Sauna/Onsen-Fans hätten finden können, anstatt die Dinge aufzuzählen, die JapanerInnen an Sauna/Onsen-Spas gut finden. So eine verpasste Gelegenheit, um auch mal Licht auf Dinge scheinen zu lassen, die für das japanische Auge vielleicht nicht direkt sichtbar sind.

 

Ich glaube zwar nicht, dass ich die Serie spannender gefunden hätte, wenn diese Dinge geändert worden wären, aber ich hätte zumindest mit dem Kopf zustimmend nicken können und mich nicht wie einen Sonderling erneut als Außenseiter gefühlt. Es gibt so viele japanische Medien, die es gerade so schaffen, nicht in diese Fettnäpfchen zu treten - ich gehe mal davon aus, dass diese Medien ausländische Korrespondenten oder zumindest jemanden mit Auslandserfahrung konsultieren. Da nicke ich dann zustimmend, denke mir zwar, dass ich es vielleicht etwas anders formuliert hätte, aber zumindest fühle ich mich dann nicht wie ein trotteliger Alien. Diese Serie wurde definitiv von Leuten geschrieben, die die Grenzen Japans höchstens für einen Urlaub in Singapur verlassen haben. Der Schauspieler hat keinen authentischen Finnländer gespielt - er hat eine japanische Version "des Ausländers" karikiert. Aber ich kann es ihm nicht übel nehmen, denn ich glaube, hätte er ihnen gesagt, wie albern diese Karikatur ist, hätten sie ihn gefeuert und einen anderen White Monkey angestellt.


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